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Missbraucht

Sexuelle Gewalt überschattet die Leben aller Beteiligten - Opfer, Täter und Angehörige sind immer betroffen



Kind im Bett sieht ein Monster
Missbrauch im häuslichen Umfeld


Missbrauch entwickelt sehr lange Schatten im Leben all derer, die davon betroffen sind.

Diese Schatten entwickeln sogar eine gewisse Autonomie und zeigen sich gerade dann, wenn es wirklich unpassend ist - mit Vorliebe in Ausnahmesituationen:

Es sind Momente, wo man eigentlich handlungsfähig sein sollte, es zumindest möchte und es plötzlich gar nicht mehr sein kann.

Bei der Geburt des eigenen Kindes, bei einer OP, bei einer Diskussion mit dem Chef oder Mitarbeitern, in der Auseinandersetzung mit dem eigenen Partner, den Kindern....

Immer dann, wenn eine eigene Unsicherheit greift und plötzlich ist eine Handlungsunfähigkeit da, die hilflos macht.


Allerdings reagieren nicht alle gleich - oh nein, es gibt auch die anderen, die gerade in den beschriebenen Situationen die Stacheln ausfahren, kämpfen bis aufs Blut und meinen, sie müssten sich in jedem Moment verteidigen, selbst dann, wenn das Gegenüber zugewandt oder liebevoll sein möchte.

Sie versuche alles im Griff zu halten, jederzeit, immer....

Die Handlungsunfähigen versuchen das auch, nur fühlen sie sich dabei machtlos, ausgeliefert und lassen es die Umwelt auch gerne wissen.

Diese Personen möchte man in den Arm nehmen oder schütteln - je nach Situation.

Kennen Sie das?

Aber die Macht der Ohnmacht oder das Opfer, das zum Täter wird, ist noch mal ein komplett eigenes Thema und bedarf einer Fortsetzung an anderer Stelle.


Heute geht es um die direkten Auswirkungen, die ein sexueller Übergriff mit sich bringt:


Der Zeitpunkt der Tat oder der regelmäßigen Übergriffe spielt eine ganz wichtige Rolle: je früher dies im Leben eines Menschen passierte, desto eingreifender ist es für die weitere Entwicklung.

Jeder sexuelle Übergriff stoppt den natürlichen Entwicklungsprozess, den eine Person durchläuft.

Ein Kind, das geboren wird erlebt gewisse Entwicklungsstadien: vom Säugling, zum Baby das krabbelt und sich sein direktes Umfeld erobert, anfängt zu reden, Gegenstände zu erfassen und Zusammenhänge und Abläufe zu verstehen. Das Leben wird zunehmend komplexer. Irgendwann kommt es auf dem häuslichen Umfeld in die Kita, den Kindergarten, die Schule - das Erlebnisfeld wird größer und so reifen wir alle zu erwachsenen Menschen heran.

Ohne einen sexuellen oder andere gewalttätige, bzw. emotionale Übergriffe, haben wir also natürliche Entwicklungsprozesse, die uns im besten Fall zu autonomen und selbstbestimmten Menschen heranreifen lassen.

Ein gewaltsames Eingreifen schafft nun aber Erfahrungen, die im persönlichen Erleben auf eine gefährliche Umwelt schließen lassen.

Eine, im besten Sinne, naive Offenheit und der natürliche Umgang mit Menschen und Situationen ist nicht mehr gegeben. Dementsprechend können Ereignisse auch nicht mehr frei bewertet und verarbeitet werden. Sie werden je nach Vorprägung einsortiert und bestätigen immer das eigene Wertesystem.

Natürlich wirken Prägungen jeglicher Art auf einen heranreifenden Menschen ein und lenken sein Denken, Fühlen und Handeln. Ein Missbrauch macht dies aber auf besondere Weise:

Sexuelle Gewalt wirkt sich in allen Lebensbereichen aus, da es dem Kind jegliche Wurzeln und Vertrauen in sein Umfeld und vor allem in sich selbst raubt.

Wem oder was soll das Kind vertrauen, insbesondere, wenn es von seinen direkten Bezugspersonen nicht beschützt werden konnte, diese vielleicht sogar die Täter waren.


Die Sichtbarkeit der von sexueller Gewalt betroffenen Kinder steigt stark an.


Nach den neuesten Zahlen des BKA (10/2023 veröffentlicht) passieren mehr als die Hälfte der angezeigten Fälle im häuslichen Umfeld und ist jedes 7. Kind unter 6 Jahren alt. Natürlich sind nur die Fälle erfasst, die der Polizei gemeldet werden (2022 waren dies 17.200 Kinder) und das BKA geht selbst von einer viel größeren Dunkelziffer aus.

Dennoch glaube ich, dass gerade die Fälle im Familienumfeld nicht erfasst werden, denn hier wird gedeckt und weggeschaut, hier sind die Kinder am stärksten ausgeliefert und ungeschützt. Oder anders ausgedrückt, die Täter am besten geschützt.

Damit würden sich die Zahlen massiv verschieben und sexuellen Missbrauch zu einem viel drängenderen, gesellschaftlichen Problem machen.

Ich selbst habe Missbrauch erlebt, doch niemand hat es mitbekommen, jahrelang nicht und als ich erwachsener wurde, hörte ich es von einigen meiner früheren Kinderfreundinnen. In einigen Fällen zerbrachen die Ehen der Eltern, zwei Kinder wurden anorektisch, eine bekam später Brustkrebs und verstarb sehr früh.

Die Zahlen sind auf jeden Fall deutlich höher als in den offiziellen Angaben.

Durch jede erlebte sexuelle Gewalt wird das eigene Beziehungsleben schwierig, manchmal unmöglich.

In den 1960-iger und 1970 -iger Jahren gab es kein Augenmerk für Missbrauch an Kindern. Dieses Thema wurde totgeschwiegen. Es war aber weit verbreitet, denn auch die Täter hatten oftmals kein Unrechtsbewusstsein.

Erst Alice Schwarzer schaffte es, Aufmerksamkeit und vor allem eine Diskussion in unserer Gesellschaft zu erzeugen.

Eine starke politische Gegenbewegung, noch geprägt von den sexuellen Befreiungsversuchen der 60 -iger Jahre, versuchte allerdings den kindlichen Missbrauch als sexuelle Freiheit und freie Liebe zwischen Erwachsenen und Kindern zu etablieren. Wirklich geschafft haben sie es glücklicherweise nicht. Die Gesellschaft ist wacher geworden.

Auch diese gesellschaftspolitische Entwicklung ist eine eigenständige Thematik.


Jedes Mal, wenn bei einer Klientin oder einem Klienten dieses Thema im Hintergrund sichtbar wird, werden die Ausmaße einer solchen Erfahrung auf das eigene Leben erst deutlich. Sie sind weitaus markanter, als es sich die betreffende Person vorher eingestehen konnte.

Mit der speziellen Herangehensweise in der Psychobionik suchen wir ja vom heutigen Problem ausgehend nach dem Beginn, also dem Entstehungszeitpunkt seiner Schwierigkeiten. Und so kann es vorkommen, dass eine Klientin, völlig überrascht Bilder eines Missbrauches wahrnimmt, die sie vorher erfolgreich für Jahrzehnte verdrängt hat. Ein Selbstschutz, der gar nicht so selten ist. Wohlgemerkt, ich gebe keine Bilder dahingehend in das System, da halte ich mich absolut raus, auch wenn ich manchmal schon ahne wo die Reise hingehen könnte. Für den Klienten ist es so schon schwer genug, die Bilder als gegeben anzunehmen.

Ich kann dann nur ermuntern, diese trotzdem zu bearbeiten, denn das eigene Innerste hat sie nun mal gezeigt und eine Befreiung davon bringt unendlich viel Erleichterung. Die Loslösung von diesen inneren Fesseln ist unbeschreiblich.

Und es geht tatsächlich: die absolute Transformation dieser Erfahrungen.

Sind die Prägungsmuster gelöst, können aktuelle Erlebnisse anders verarbeitet werden, denn die alten Schubladen sind aufgelöst.

Und wie heißt es in einer Werbung so schön:

Der Weg ist frei....

Demnächst gibt es einen zweiten Teil zum Thema:

Schutzmechanismen der Seele bei erlebter sexueller Gewalt.


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